Was kann der Weltrekordler aus Uganda im Straßenlauf erreichen?
Joshua Cheptegei ist der neue Olympiasieger über 10.000 m. Der Weltrekordler und Weltmeister aus Uganda über diese Distanz gewann ein spektakuläres Final-Rennen in Paris, das sicherlich zu den spannendsten und besten in der olympischen Geschichte über diese Distanz gehört. Derart hochklassige Resultate gab es in einem olympischen 10.000-m-Rennen noch nie: Joshua Cheptegei triumphierte am Freitag, 2. August in der olympischen Rekordzeit von 26:43,14 Minuten vor dem Äthiopier Berihu Aregawi, der nach 26:43,44 im Ziel war. Die Bronzemedaille sicherte sich ganz knapp dahinter Grant Fisher (USA) mit 26:43,46. Als Vierter folgte der Kanadier Mohammed Ahmed in 26:43,79 vor dem Kenianer Benard Kibet (26:43,98).
Bester Europäer war der Spanier Thierry Ndikumwenayo, der als Neunter mit 26:49,49 Minuten einen Landesrekord lief. Er verfehlte den Europarekord des Briten Mo Farah nur um rund drei Sekunden. Glänzend hielt sich auch der Franzose Jimmy Gressier, der als 13. in 26:58,67 einen französischen Rekord aufstellte.
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Gleich 13 Läufer erzielten in Paris Weltklassezeiten von unter 27:00,00 Minuten - eine derartige Dichte gab es über 10.000 m nie zuvor. 2011 hatten in Eugene neun Läufer Ergebnisse unter 27:00,00 erreicht. Bei einem olympischen 10.000-m-Finale hatte es auch noch nie eine Siegzeit von unter 27:00,00 Minuten gegeben. Den olympischen Rekord hielt bisher der Äthiopier Kenenisa Bekele, der 2008 in Peking mit 27:01,17 gewonnen hatte.
Äthiopiens Taktik blieb erfolglos
Die Äthiopier gingen mit einer offensichtlichen Team-Taktik in das Pariser Finale. Das Trio mit Berihu Aregawi, Yomif Kejelcha und dem Titelverteidiger Selemon Barega übernahm sofort die Spitze und machte das Rennen von Beginn an schnell. Die Äthiopier, die in der Vergangenheit bei großen 10.000-m-Finals so oft abgewartet hatten, um dann in der Schlussphase zu attackieren, wechselten sich in der Führungsarbeit ab.
Nach 13:23,2 Minuten wurde die 5.000-m-Marke passiert. Doch es waren immer noch 17 Läufer in der Spitzengruppe. Die Taktik der Äthiopier ging nicht auf, sie wurden ihre schärfsten Konkurrenten aus Uganda und Kenia nicht los. Und auch der starke US-Amerikaner Grant Fisher, der in den letzten Jahren immer wieder mit Weltklasseleistungen auf sich aufmerksam gemacht hatte, lief ganz vorne mit.
Das äthiopische Trio hatte viel Energie in die Führungsarbeit investiert, ohne einen sportlichen Vorteil zu erlangen. Anders als an gleicher Stelle bei der Leichtathletik-WM 2003 konnten die Äthiopier auch in der zweiten Hälfte nichts mehr draufsetzen. Damals sorgten Kenenisa Bekele, Haile Gebrselassie und Sileshi Sihine für ein Tempo, dem niemand folgen konnte und feierten einen Dreifachsieg. Die zweite Rennhälfte legten Bekele und Gebrselassie dabei in 12:57 Minuten zurück.
Einmaliges Finale
In der Folge wurde das Tempo zeitweilig etwas langsamer, als Yomif Kejelcha ohne die Unterstützung seiner Landsleute an der Spitze lief. Dann lief der Kanadier Mohammed Ahmed an der Spitze und es waren nach 8.000 Metern noch 13 Athleten in der Führungsgruppe. Daran änderte sich nicht viel. Lediglich der vom heimischem Publikum nach vorne getriebene Jimmy Gressier konnte nicht mehr ganz mithalten - am Ende allerdings lief er in diesem einmaligen Finale fast eine halbe Minute schneller als je zuvor.
Weltrekordler Cheptegei im richtigen Moment vorne
Ein Dutzend Athleten kämpften 600 Meter vor dem Ziel noch um die Medaillen. Es war dann Joshua Cheptegei, der nach vorne preschte. Der Weltrekordhalter (26:11,00 Minuten in Valencia 2020) hatte sich aus den taktischen Manövern während des Rennens herausgehalten und ist auf diese Weise ein eher gleichmäßiges Tempo gelaufen. Einige Runden vor Schluss konnte man sehen, wie anstrengungslos sein Gesichtsausdruck noch wirkte.
Knapp 550 Meter vor dem Ziel übernahm Cheptegei die Führung. Er gab diese Position nicht mehr ab, während sich hinter ihm eingangs der Zielgeraden Grant Fisher auf den zweiten Platz schob. Von weiter hinten kam Berihu Aregawi nach vorne. Er hatte den besten Spurt auf der Zielgeraden und überholte noch den US-Amerikaner, aber Joshua Cheptegei war schon zu weit weg.
Was kann Cheptegei im Straßenlauf zeigen?
„Es ist unglaublich, ich bin begeistert. Dieser Titel hat mir noch gefehlt. Ich war dreimal hintereinander Weltmeister, jetzt bin ich auch Olympiasieger über 10.000 Meter. Ich habe eine Portion Mut gebraucht, um so zu laufen“, sagte Joshua Cheptegei, der bei Olympia vor drei Jahren in Tokio den zweiten Platz über 10.000 m belegt und über 5.000 m gewonnen hatte. Seine Ergebnisse in diesem Jahr waren bisher nicht außergewöhnlich. Von seinen nur vier Wettkämpfen hatte er keinen gewonnen. Doch jetzt war Joshua Cheptegei in Paris zum richtigen Zeitpunkt topfit.
Auch über 5.000 m hält er den Weltrekord. 12:35,36 Minuten lautet seine Marke, die er 2020 gelaufen ist. In Paris könnte er sogar das Double gewinnen. Danach will er sich, so hört man, auf den Straßenlauf fokussieren. Die ersten Ausflüge waren für einen Athleten seines Levels noch nicht aussagekräftig. Im Halbmarathon kam er bei der WM 2020 auf 59:21 Minuten. Für sein Marathondebüt in Valencia 2023 brauchte er 2:08:59 Stunden. Ihm ist deutlich mehr zuzutrauen.
VCM News / Jörg Wenig, AM / Race News Service