Vojta, Ketema, Wutti wollen beim VCM neuen Schwung aufnehmen. Pell zielt auf unter 2:20. Messner Halbmarathon-Favorit.
Andreas Vojta, Lemawork Ketema und Eva Wutti wollen mit dem Vienna City Marathon 2025 neuen Schwung aufnehmen. Im Wiener Städtische Halbmarathon freut sich der frisch gebackene Staatsmeister Thomas Messner auf die gewohnt grandiose Stimmung des Lauffestes in Wien.
„Vielleicht habe ich dieses Mal die Vorbereitung auf den Punkt getroffen“, macht sich Andreas Vojta (team2012.at) Mut. Zum zweiten Mal nach 2023 ist er Teil des heimischen Elitefelds beim Vienna City Marathon. Kürzer war eine Marathon-Vorbereitung in seiner Karriere allerdings noch nie, aus gesundheitlichen Gründen.
Vorbereitung mit gutem Gewissen
Der 35-Jährige blickt auf turbulente Monate zurück. Beim Valencia Marathon und bei den Crosslauf-Europameisterschaften im Dezember bremsten ihn unerwartet hohe Herzfrequenzaktivitäten und Erschöpfungssymptome unter Hochbelastung aus. Während der langwierigen Suche nach einer Erklärung von medizinischer Seite beschränkte sich der Routinier auf Basis-Grundlagentraining, um den Körper keinesfalls eine Überforderung zuzumuten.
Ende Jänner erfolgte mit einer Diagnose Gewissheit: Eine Entzündung an der Herzhaut hat sein Leistungsvermögen ab einem gewissen Belastungsstadium geschwächt. Da sie ausgeheilt war, erfolgte der symbolische Startschuss für die VCM-Teilnahme. Spätestens seit seinem Sieg beim Vienna Calling Halbmarathon am 2. März, für Vojta unter diesen Vorzeichen ein echtes Testrennen, wusste er: „Ich kann guten Gewissens den Marathon vorbereiten.“
Mit dem Publikum im Rücken
Während seiner ersten vier Marathons, darunter auch sein Debüt auf der Traditionsdistanz beim VCM 2023, stand immer der Wunsch des Olympia-Limits oder zuletzt die Hoffnung, in die Regionen des ÖLV-Marathonrekords zu laufen, im Vordergrund der Wettkampfplanung des Gerasdorfers. Das ist dieses Mal angesichts der Vorgeschichte anders. In seinen fünften Marathon will der 51-fache Staatsmeister auf verschiedenen Distanzen befreit gehen – und freut sich darauf.
„Als Sportler willst du immer zum den Olympischen Spielen. Daher bin ich meine bisherigen Marathonläufe immer offensiver angelaufen als das vielleicht vernünftig war. Das ist halt so, wenn das Olympia-Limit bei 2:08 Stunden liegt“, erklärte Vojta. Die etwas verkürzte Marathon-Vorbereitung nimmt Druck zusätzlich von seinen Schultern. „Ich glaube, dass mir die Taktik mit einer konservativeren ersten Marathon-Hälfte entgegenkommt – auch mit dem Publikum im Rücken“, freut er sich auf den Heimvorteil. „Die Stimmung am Streckenrand wird mich auf der zweiten Hälfte anschieben!“
Comeback nach langer Leidenszeit
Der Vienna City Marathon 2025 ist auch die Bühne für die Rückkehr von Lemawork Ketema (SVS Leichtathletik), der erstmals seit dem VCM 2022 wieder einen Wettkampf bestreitet. Im Frühjahr 2024 unterzog sich der Olympia-Teilnehmer von Sapporo 2021 einer Operation an der stark lädierten Muskulatur auf der Oberschenkel-Rückseite, eine persönliche „Achillesferse“ beim mittlerweile 39-Jährigen. Drei Monate konnte er sich nur mithilfe der Krücken fortbewegen. Zu Jahresbeginn kam von ärztlicher Seite grünes Licht, sich sukzessive wieder an ein spitzensportliches Leistungsniveau im Training heranzutasten. „Gott sei Dank ist alles gut gelaufen, Gott sei Dank bin ich wieder gesund“, sagte der gebürtige Äthiopier, der seit vielen Jahren in Österreich lebt, erleichtert.
„Ich bin richtig hungrig auf einen schnellen Marathon, richtig hungrig auf einen schnellen Halbmarathon“, ließ der erfahrene Läufer bei der heutigen Pressekonferenz im ARCOTEL Kaiserwasser seine Ungeduld und Motivation spüren. Aufgrund der kurzen Vorbereitungsphase kann Ketema seine Leistungsfähigkeit im Wettkampf nicht präzise einschätzen. Seine taktischen Interessen decken sich mit jenen von Vojta, wodurch die beiden Österreicher gemeinsam in einer Gruppe laufen werden. Dort bekommen sie Unterstützung von Mario Bauernfeind (ÖBV Pro Team), der sich als Tempomacher zur Verfügung stellt, und möglicherweise auch von Timon Theuer (Union St. Pölten), dessen geplantes Halbmarathon-Tempo mit dieser Gruppe harmonieren könnte.
Pell will erstmals unter 2:20 Stunden bleiben
Ein Newcomer im österreichischen Elitefeld ist Johannes Pell (Tri Run Kaiser), der nach seiner persönlichen Halbmarathon-Bestleistung vor fünf Wochen beim Vienna Calling Halbmarathon nun auch seine Bestleistung im Marathon steigern will. „Egal wie der Wetterbericht für Sonntag ist, die Zielsetzung ändert sich nicht: Ich will unter 2:20 Stunden bleiben und das am liebsten deutlich!“
Pell wird vom ehemaligen Topläufer Valentin Pfeil trainiert. „Valentin und ich waren Nachbarn in Steyr. Nach dem Ende seiner Leistungssport-Karriere hat sich diese Zusammenarbeit ergeben und für mich ist das ein enormer Mehrwert, von seiner Expertise zu profitieren.“ Pell ist kein Profiläufer und hat erst in seiner Studienzeit in Graz mit dem Laufen begonnen. Pfeil wird am Sonntag ebenfalls laufen und als „Cable-Guy“ für den ORF exklusive Eindrücke aus dem Marathon in die Wohnzimmer transferieren.
Comeback von Eva Wutti
Heimische Top-Athletin im Marathon der Frauen ist die ehemalige Staatsmeisterin und österreichische Co-Rekordhalterin im Marathon, Eva Wutti (Club RunAustria). Die 36-Jährige nimmt ihren ersten Marathon seit zwei Jahren in Angriff. Damals zeigte sie beim Vienna City Marathon mit einer Zeit von 2:37:49 Stunden auf, nachdem sie im Vorfeld für dieses Leistungsniveau extrem wenig Trainingszeit investieren konnte.
Die alleinerziehende Mutter jongliert seit Jahren gekonnt zwischen ihren familiären Aufgaben, den Herausforderungen des mittlerweile abgeschlossenen Jus-Studiums an der Universität Wien und der beruflichen Beanspruchung ihres Teilzeitjobs in der Finanzabteilung ihrer Heimatstadt Wolfsberg in Kärnten. VCM-Rennleiter Johannes Langer, seit einigen Jahren Trainer von Eva Wutti, schilderte daher heute die Herausforderung, leistungsorientiertes Training in diesen herausfordernden Alltag einzuplanen. Er bestätigte aber, dass Wutti motiviert neue Ziele in Angriff nimmt.
„Ich fühle mich bereit für einen Marathon und würde mich freuen, wenn eine ansprechende Leistung herauskommt“, sagte die Kärntnerin vor einigen Wochen. Und betonte, wie sehr sie den Flair des Vienna City Marathon genießt: „Laufen ist Teil meines Lebens. Ich liebe es, zu Sportveranstaltungen zu reisen und schöne Erfahrungen bei Wettkämpfen zu sammeln.“
Staatsmeister Messner Favorit im Halbmarathon
Nach seinem Umstieg vom Triathlon in den Laufsport ist Thomas Messner (KLC) in kürzester Zeit in die heimische Spitze des 10km-Laufs und Halbmarathons aufgestiegen. „Das Laufen war schon als Triathlet meine Lieblingsdisziplin und der Umstieg hat neue Motivation und Euphorie in mir entfacht“, erzählte der 26-Jährige. Bei den Halbmarathon-Staatsmeisterschaften 2024 in Salzburg lief er im Windschatten von Sieger Andreas Vojta zu einer persönlichen Bestleistung von 1:03:42 Stunden.
Zum Wiener Städtische Halbmarathon kommt der gebürtige Murtaler, der in Klagenfurt lebt und dort für die Kinder- und Jugendhilfe der Stadt arbeitet, mit frischer Euphorie. Vor einer Woche gewann er in Wels seinen ersten Staatsmeistertitel überhaupt, im Halbmarathon. Die etwas müden Beine werden am Sonntag nach dem Startschuss keine Rolle spielen, meint er: „Wenn ich auf der Staatsbrücke stehe und die vielen Zuschauer sehe, dann wird sie vergessen sein und ich werden den Lauf genießen.“
Wie beflügelnd die Atmosphäre der größten Laufveranstaltung Österreichs ist, weiß der Kärntner von seinem dritten Platz im Vorjahr. Heuer möchte Messner mit der Marathon-Spitze mitlaufen und diese Gelegenheit für eine schnelle Zeit nutzen. Genau diese Taktik hat Timo Hinterndorfer im vergangenen Jahr zu einer Spitzenzeit im Halbmarathon geführt.