Herausfordernde Bedingungen, grandiose Stimmung
Die herausfordernden Bedingungen des 42. Vienna City Marathon brachten ein Überraschungsrennen hervor. Außenseiter Haftamu Abadi aus Äthiopien ließ im Prater alle höher eingeschätzten Konkurrenten aus Kenia hinter sich und vollendete mit einem überzeugenden Schlussteil mit Wind von vorne seinen größten Erfolg in einer Zeit von 2:08:28 Stunden. Mit 21 Jahren und zwölf Tagen ist er der jüngste Sieger in der Geschichte des Vienna City Marathon.
In vielerlei Hinsicht sorgte Haftamu Abadi für besondere Momente beim Vienna City Marathon 2025. Mit modisch extrovertierten Ohrenschützern als Unterstützung gegen die kalten Temperaturen fiel er hinter der Ziellinie jubelnd auf die Knie, hielt ein Abbild der Muttergottes, welches er unter seinem Outfit mitbrachte, emotional in die Luft, küsste seinen adidas-Schuh und präsentierte sich dann in Jubelpose den Fotografen. Es war der zweite Marathon in der Karriere des Äthiopiers, die Steigerung gegenüber Berlin 2024 um rund zwei Minuten ist beachtlich. Mit seiner Halbmarathon-Bestzeit von 59:56 Minuten vor zwei Monaten beim RAK Halbmarathon in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat der junge Läufer aber schon einmal in dieser Wettkampfsaison seine Klasse unter Beweis gestellt. Ein Vorbote seiner Marathon-Leistungsfähigkeit in Wien.
Spezieller Glücksbringer
„So wie sich das Rennen entwickelt hat, war mir ungefähr beim Halbmarathon bewusst, dass ich dieses Rennen gewinnen könnte“, schilderte der Sieger bei der Pressekonferenz. Er wäre zwar gerne eine schnellere Zeit gelaufen, machte sich aber zunutze, dass bei einigen Trainingsläufen in der Vorbereitung in der Höhenlage seiner Heimat ähnliche Temperaturen geherrscht haben. „Dort laufe ich auch immer mit meinen Ohrenschützern, wenn es kalt ist. Daher habe ich sie eingepackt und nach Wien mitgebracht. Sie haben mir Glück gebracht!“, freute er sich über den ersten Marathonsieg seiner Karriere. Es war erst der sechste äthiopische Sieg bei den Männern in der 42-jährigen Geschichte des Vienna City Marathon, der zweite in Folge nach Chala Regasa 2024.
Überlegen im schwierigen Schlussteil
Die Entscheidung zugunsten des unerwarteten Siegers fiel in einem Ausscheidungsrennen, welches im Prater, wo schon so viele Marathons vorentschieden wurden, seinen Gipfel erreichte. Die beiden Äthiopier Haftamu Abadi und Mogos Tuemay lösten sich von Asbel Rutto, der dank seines Siegs in Rom 2024 zu den Hauptfavoriten gehörte. Wenig später konnte auch Tuemay den Schritt seines Landsmanns nicht mehr halten, es waren mit die schnellsten Kilometer des Rennens. Auch wenn Abadi aufgrund des Gegenwinds auf den letzten Kilometern erwartungsgemäß das Tempo des dritten Rennviertels nicht halten konnte, vergrößerte sich der Abstand zu den Verfolgern deutlich.
Cheserek im Finale auf Platz zwei
Auf den letzten Kilometern arbeitete sich Mica Cheserek mit einer Zeit von 2:10:23 Stunden noch auf Position zwei vor. In seinem fünften Marathon ist dies die beste Platzierung für den 28-jährigen Kenianer, der seine persönliche Bestleistung trotz der suboptimalen Bedingungen um über eine Minute steigerte. Tuemay finishte den ersten Marathon seiner Karriere in 2:10:33 Stunden auf dem dritten Platz, Rutto erreichte völlig erschöpft das Ziel als Vierter in 2:11:37 Stunden. Justus Kangogo, laut Vorleistungen der schnellste Läufer im Feld, musste sich mit Platz sieben zufrieden geben. Lokalmatador Andreas Vojta (team2012.at) klassierte sich als Neunter in 2:15:01 Stunden als bester Europäer vor Andrew Davies aus Großbritannien.
Davies knapp am britischen Mastersrekord M45 vorbei
In einer Zeit von 2:17:39 Stunden verpasste der 45-Jährige den britischen Mastersrekord in der Altersklasse M45 nur um 13 Sekunden, auch von der europäischen Bestleistung in dieser Altersklasse blieb er nur rund eineinhalb Minuten entfernt. „Es war ziemlich windig und ich war am Schluss alleine unterwegs. Ich bin aber sehr zufrieden, es war ein toller Kampf“, sagte Davies, der die wunderschöne Strecke und den lauten Support vom Streckenrand lobend hervorhob. Der Waliser nahm zweimal an Marathons der Commonwealth Games teil und startete für das britische Team im WM-Marathon von London 2017 und im EM-Marathon von München, damals im Alter von 42 Jahren.
Einer der kühlsten Marathons in Wien
Bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt ertönte pünktlich um 9 Uhr das Startsignal zu einem der kühlsten Marathons in der seit 1984 andauernden Historie des VCM. Der böige Wind mit Spitzen um die 40 km/h hielt die gefühlte Temperatur noch unter der realen und so entschied sich das Elitefeld der Männer für eine konservative Anfangsphase mit Kilometersplits leicht über drei Minuten pro Kilometer. Eine Gruppe von 21 Läufern kam gemeinsam zur Zwischenzeit bei Kilometer fünf, mittendrin auch der Österreicher Thomas Messner, der den Wiener Städtische Halbmarathon gewinnen sollte.
Entlang der Wienzeile Richtung Schloss Schönbrunn erhöhte Tempomacher Laban Chepkorom das Tempo etwas und erwirkte damit eine sukzessive Verkleinerung der großen Spitzengruppe. Als erste der prominentesten Teilnehmer mussten Charles Ndiema, 2022 Vierter beim VCM, und Mitfavorit Stanley Kurgat den Kontakt zu den Besten abreißen lassen. Von Kilometer zu Kilometer wurde die Spitzengruppe kleiner, besonders auf der Maria-Hilfer-Straße Richtung Halbmarathon-Zwischenzeit. Diese wurde in einer Zeit von 1:03:32 Stunden passiert, dem letzten Pacemaker konnten zu diesem Zeitpunkt nur noch fünf Läufer folgen. Selbst Mitfavorit Justus Kangogo befand sich bereits in der Verfolgergruppe, als die ereignisreiche zweite Rennhälfte begann.
Top-Ergebnisse Vienna City Marathon 2025
Männer
1.Haftamu Abadi (ETH) 2:08:28 Stunden
2. Mica Cheserek (KEN) 2:10:23 Stunden
3. Mogos Tuemay (ETH) 2:10:33 Stunden
4. Asbel Rutto (KEN) 2:11:37 Stunden
5. Edward Koonyo (KEN) 2:12:29 Stunden
6. Geoffrey Kimutai (KEN) 2:12:31 Stunden
7. Justus Kangogo (KEN) 2:13:25 Stunden
8. Felix Kurui (KEN) 2:13:25 Stunden
9. Andreas Vojta (AUT) 2:15:01 Stunden
10. Andrew Davies (GBR) 2:17:39 Stunden
11. Stephen Kibor (KEN) 2:18:10 Stunden
12. Johannes Pell (AUT) 2:19:14 Stunden
Frauen
1. Betty Chepkemoi (KEN) - 2:24:14
2. Rebbeca Tanui (KEN) - 2:25:18
3. Catherine Cherotich (KEN) - 2:25:45
4. Fabienne Königstein (GER) - 2:48:49
5. Faith Chefkoch (KEN) - 2:30:00
6. Nora Szabo (HUN) - 2:30:31
7. Risper Chebet (KEN) - 2:32:39
8. Eva Wutti (Club RunAustria) - 2:37:43
9. Noreen Kimutai (KEN) - 2:39:51
10. Rutendo Nyahora (ZIM) - 2:41:44
VCM News / Thomas Kofler