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2:00:35 – Kelvin Kiptum bricht in Chicago Marathon-Weltrekord von Eliud Kipchoge

Frauensiegerin Sifan Hassan läuft mit 2:13:44 die zweitschnellste Marke aller Zeiten

Einen Weltrekord kann man niemals erwarten. Zu hoch ist die nötige Leistung, zu unvorhersehbar ist das Geschehen im Sport. Aber unerwartet war es wiederum auch nicht, was Kelvin Kiptum in Chicago am Sonntag, 8. Oktober vorgeführt hat. Der erst 23-jährige Kenianer brach mit einer Zeit von 2:00:35 Stunden die Weltrekordzeit seines Landsmannes Eliud Kipchoge, der 2022 in Berlin 2:01:09 gelaufen war. Damit fehlen nun nur noch 36 Sekunden zu einer ersten offiziellen Marathonzeit unterhalb der Traum-Barriere von 2:00:00 Stunden. Der Traummarke von 1:59:40,2 Stunden, die Eliud Kipchoge 2019 in der Prater Hauptallee in Wien gelaufen war, ist Kiptum bis auf 55 Sekunden nahegekommen. Aufgrund der Zahl und des Wechsels der Tempomacher sowie der jederzeit möglichen Getränkeaufnahme wird diese Zeit von World Athletics nicht offiziell anerkannt.

Kiptum hatte im Dezember 2022 als Newcomer in 2:01:53 Stunden beim Valencia Marathon triumphiert. Im April 2023 hatte er in London mit 2:01:25 gewonnen und war damit der damaligen Weltrekordmarke von Kipchoge bereits sehr nahegekommen. #NoHumanIsLimited – dem Marathonstar Kipchoge war immer klar, dass dieses Motto universell gültig ist.

Sifan Hassan mit Europarekord

Das Rennen der Frauen in Chicago gewann Sifan Hassan mit einem Europarekord von 2:13:44. Die Niederländerin verbesserte die 20 Jahre alte Bestzeit der Britin Paula Radcliffe, die 2003 in London 2:15:25 gelaufen war und damit bis 2019 auch den Weltrekord hielt. Für Sifan Hassan, die Doppel-Langstrecken-Olympiasiegerin, die in Tokio über 5.000 und 10.000 m gewonnen hatte, war es im zweiten Marathon der zweite große Sieg. In London hatte sie im April in 2:18:33 triumphiert. Nun steigerte sich Sifan Hassan um fast fünf Minuten und wurde zur zweitschnellsten Läuferin aller Zeiten. Noch vor gut zwei Wochen wäre ihre Bestzeit auch ein Weltrekord gewesen. In Berlin lief die Äthiopierin Tigst Assefa am 24. September jedoch 2:11:53.

Gemessen an den beiden Siegzeiten war der Chicago-Marathon das schnellste Rennen aller Zeiten über die klassische Distanz. Zusammengerechnet ergibt sich eine Zeit von 4:14:19 Stunden. Damit war Chicago genau 16 Sekunden schneller als der Berlin-Marathon zwei Wochen zuvor (4:14:35).

Über 48.500 Läufer*innen erreichten das Ziel, darunter 164 aus Österreich. Herbert Kopp in 2:29:39 und Lisa Reisch in 2:49:33 waren die Schnellsten.

Kelvin Kiptum mit furiosem Finale ab Kilometer 30

Kelvin Kiptum setzte sich nach gut fünf Kilometern mit einem Tempomacher und seinem Landsmann Daniel Mateiko, der sein Marathon-Debüt lief, ab. Die Gruppe erreichte die Halbmarathon-Marke nach 60:48 Minuten und lag damit etwas außerhalb des Weltrekord-Bereiches von Eliud Kipchoge. Der Tempomacher hielt dann nicht mehr Schritt. Auch an der 30-km-Marke, die die beiden Kenianer nach 1:26:31 Stunden passierten, deutete die prognostiziere Endzeit noch auf 2:01:45 hin. Doch wie schon in seinen beiden vorherigen Marathonrennen lief Kelvin Kiptum am Ende erst richtig schnell.

5 km unter 14 Minuten, 10 km unter 28

Während Mateiko nicht mehr mithalten konnte und nach der 35-km-Marke aufgab, stürmte Kelvin Kiptum mit einer famosen Zwischenzeit von 27:52 Minuten vom 30- zum 40-km-Punkt. Nun war klar, dass der Weltrekord von Eliud Kipchoge fallen würde und es die erste reguläre Zeit unter 2:01 Stunden geben würde. „Ich kam, um den Streckenrekord zu brechen und hatte nicht an einen Weltrekord geglaubt - ich bin überglücklich“, sagte Kelvin Kiptum. Sein Landsmann Dennis Kimetto hatte die Kursbestzeit vor zehn Jahren mit 2:03:45 Stunden aufgestellt - damals natürlich noch nicht mit den neuen, klar leistungsfördernden Schuhen.

Split-Zeiten von Kelvin Kiptum:

• 13:51 Minuten zwischen KM 30 und 35
• 27:52 Minuten zwischen KM 30 und 40
• 60:48 + 59:47 Minuten für die beiden Halbmarathonabschnitte

Kelvin Kiptum gewann mit 2:00:35 mit großem Vorsprung vor seinem Landsmann Benson Kipruto (2:04:02) und dem Belgier Bashir Abdi, der 2:04:32 lief. Daniel Mateiko lief gut 30 Kilometer weit an der Seite von Kiptum, fiel dann jedoch zurück und gab das Rennen auf. Zum ersten Mal seit gut 20 Jahren fiel ein Marathon-Weltrekord bei den Männern nicht in Berlin.

Titelverteidigerin auf Weltrekordkurs

Äußerst ambitioniert begann Titelverteidigerin Ruth Chepngetich das Rennen. Die Kenianerin, die in Chicago auch schon 2021 gewonnen hatte, passierte die 10-km-Marke zeitgleich mit Sifan Hassan in 31:05 Minuten und beide lagen damit auf Weltrekordkurs. An der Halbmarathon-Marke hatte sie mit 65:42 sechs Sekunden Vorsprung vor der Holländerin, die dann ungefähr bei 25 km (1:18:06 Stunden) gleichzog. Ruth Chepngetich konnte das Weltrekord-Tempo nicht mehr halten und verlor bald an Boden gegenüber Sifan Hassan, obwohl auch sie etwas langsamer wurde. Nach 30 km (1:34:00) lag die Niederländerin zehn Sekunden vor der Kenianerin und nun außerhalb des Weltrekordes von Tigst Assefa.

„Verrücktes Tempo“

„Die erste Gruppe lief vom Start weg ein verrücktes Tempo, aber ich wollte dabei sein. Auf den letzten fünf Kilometern habe ich gelitten. Ich habe auch meinen zweiten Marathon gewonnen und bin eine fantastische Zeit gelaufen - ich könnte nicht glücklicher sein“, sagte Sifan Hassan, die nun bei den Olympischen Spielen in Paris im nächsten Jahr im Marathon zu den Topfavoritinnen zählen würde, sofern sie sich für einen Start über diese Distanz entscheidet. Am Ende hatte Sifan Hassan in Chicago Ruth Chepngetich um fast zwei Minuten distanziert. Die kenianische Marathon-Weltmeisterin von 2019 lief als Zweite hochklassige 2:15:37. Rang drei belegte Megertu Alemu (Äthiopien) mit 2:17:09.

Ergebnisse Chicago Marathon 2023

Männer:
1. Kelvin Kiptum KEN 2:00:35
2. Benson Kipruto KEN 2:04:02
3. Bashir Abdi BEL 2:04:32
4. John Korir KEN 2:05:09
5. Seifu Tura ETH 2:05:29
6. Conner Mantz USA 2:07:47
7. Clayton Young USA 2:08:00
8. Galen Rupp USA 2:08:48

Frauen:
1. Sifan Hassan NED 2:13:44
2. Ruth Chepngetich KEN 2:15:37
3. Megertu Alemu ETH 2:17:09
4. Joyciline Jepkosgei KEN 2:17:23
5. Tadu Teshome ETH 2:20:04
6. Genzebe Dibaba ETH 2:21:47
7. Emily Sisson USA 2:22:09
8. Molly Seidel USA 2:23:07


Weltrekord-Entwicklung bei den Männern seit 2002
2:05:38 Khalid Khannouchi USA London 14.04.2002
2:04:55 Paul Tergat KEN Berlin 28.9.2003
2:04:26 Haile Gebrselassie ETH Berlin 30.9.2007
2:03:59 Haile Gebrselassie ETH Berlin 28.9.2008
2:03:38 Patrick Makau KEN Berlin 25.9.2011
2:03:23 Wilson Kipsang KEN Berlin 29.9.2013
2:02:57 Dennis Kimetto KEN Berlin 28.9.2014
2:01:39 Eliud Kipchoge KEN Berlin 16.9.2018
2:01:09 Eliud Kipchoge KEN Berlin 25.9.2022
2:00:35 Kelvin Kiptum KEN Chicago 8.10.2023


VCM News. Text: Jörg Wenig / Race News Service