2:05:08 Stunden lautet die neue Wien-Bestmarke
Dank einer bärenstarken Vorstellung insbesondere ab Kilometer 33 war der Kenianer Samwel Mailu der gefeierte Star des Vienna City Marathon 2023. Der 30-Jährige verbesserte mit beeindruckenden Kilometersplits von ausnahmslos unter drei Minuten im Finale den Streckenrekord von Getu Feleke aus dem Jahr 2014 um 33 Sekunden auf eine Zeit von 2:05:08 Stunden. Er siegte vor seinen Landsleuten Bethwell Yegon und Titus Kimtuai.
Streckenrekord nach fast einem Jahrzehnt
Nach neun Jahren hat der Vienna City Marathon einen neuen Streckenrekord: Samwel Mailu ist der umjubelte Gewinner der 40. Auflage von Österreichs wichtigstem Marathon, den nicht nur knapp 40.000 angemeldete Teilnehmerinnen und Teilnehmer, davon über 9.000 auf der Marathon-Distanz, sondern mehrere Hunderttausend Menschen am Streckenrand zu einem besonderen Lauffest machten. Noch vor drei Tagen plagten ihn aufgrund einer leichten Erkältung kleine Unsicherheiten. „Danke für die hervorragende Unterstützung und Betreuung durch das VCM-Team, ich habe mich schnell erholt und stand heute topfit an der Startlinie.“ Dass er trotz der suboptimalen Bedingungen durch die warmen Temperaturen und der etwas verspätet eintreffenden Wolkendecke einen so schnellen Marathon laufen konnte, führte er auch darauf zurück, dass er in der Vorbereitung gezielt unter verschiedenen Wetterbedingungen trainiert hat. „Das war heute definitiv ein Vorteil!“
Attacke vor dem Lusthaus
Vom Start weg entwickelte sich ein homogenes Rennen in einer kompakten Spitzengruppe, die lange Zeit aus elf Läufern bestand. „Ein Marathon nach Plan“, hielt VCM-Rennleiter Johannes Langer fest. Die Halbmarathon-Durchgangszeit lautete 1:02:43 Stunden und war die optimale Ausgangsposition für schnelle Endzeiten. Der Sieger sollte sogar einen Negativ-Split mit einer schnelleren zweiten Marathon-Hälfte schaffen. Nach dem Ausstieg der Tempomacher nach zwei Dritteln der Distanz übernahm Mailu die Initiative und sorgte mit seiner Tempogestaltung dafür, dass die Gruppe kontinuierlich zerbröckelte. „Ich habe eine Pace gewählt, in der ich mich wohlgefühlt habe. Und das hat gereicht, dass ich mich von meinen Kontrahenten abgesetzt habe“, erzählte der Sieger des Tages bei der Pressekonferenz.
Bei der Wende rund ums Lusthaus hatten Titus Kimutai und Bethwell Yegon nur wenige Schritte Rückstand, doch der Abstand vergrößerte sich von Minute zu Minute. Samwel Mailu fühlte große Überzeugung in sich und hatte genügend Energiereserven, um seinen schnellen Schritt bis zur Ziellinie vor dem Burgtheater durchzuziehen. Kontinuierlich arbeitete er sich im virtuellen Vergleich an die Streckenrekordzeit heran und ließ sie hinter sich. Auch entlang der langen Zielgeraden kämpfte der 30-Jährige um jede Sekunde und finishte die 42,195 Kilometer in einer Zeit von 2:05:08 Stunden. Yegon überholte in der Schlussphase noch Kimutai und freute sich als Zweiter in einer Zeit von 2:06:57 Stunden über den zweitschnellsten Marathon seiner Karriere. Kimutai erreichte eine Zeit von 2:07:46 Stunden und erzielte damit eine persönliche Bestleistung. Yegons Zeit ist die fünftschnellste in der Geschichte des Vienna City Marathon, jene von Kimutai liegt nur knapp außerhalb der Top-Ten – ein starkes Indiz dafür, wie schnell das Männerrennen beim 40. VCM war.
Erster Triumph im zweiten Marathon
Für Mailu, im Jahr 2022 Sieger beim Wörthersee Halbmarathon, war der Vienna City Marathon sein zweiter Marathon, der erste nach Frankfurt 2022, wo er Tempomacher-Aufgaben erledigt hatte und als Zweiter ins Ziel weitergelaufen war. Heute konnte er fast 30 Kilometer lang geschützt im Windschatten der Tempomacher agieren und verbesserte seine persönliche Bestleistung um mehr als zwei Minuten. „Nach Frankfurt hab ich mir gedacht, dass viel mehr drinnen sein müsste. Der nächste Schritt ist gelungen – nun will ich im Herbst in ein Feld bei den World Marathon Majors kommen“, kommentierte er.
Moen und Hendel beste Europäer
Für weitere Spannung im Rennen sorgte die Gruppe mit den besten Europäern, die mit einer ersten Marathon-Hälfte in einer Zeit von 1:04:53 Stunden zielgerichtet Richtung Endzeit unter 2:10 Stunden anlief. Leider konnte Andreas Vojta bereits ab Kilometer 16 das Tempo nicht mehr halten und musste sein eigenes wählen – womit eine Leistung im Bereich von 2:10 Stunden schnell außer Reichweite geriet. Länger an diese Zeit glauben konnten der Norweger Sondre Nordstad Moen und der Deutsche Sebastian Hendel, die als beste Europäer die Positionen acht und neun erreichten. Der ehemalige Europarekordhalter aus Skandinavien finishte in einer Zeit von 2:10:23 Stunden und bilanzierte mit gemischten Gefühlen: „Ich wusste, dass ich für mein Ziel WM-Limit (2:09:40) ein perfektes Rennen brauche. Es war nur ein fast perfektes, letztendlich fehlte mir eine Sekunde pro Kilometer. An der Strecke lag es nicht, hier in Wien kann man definitiv schnell laufen!“ Dennoch betonte er, dass der VCM nach Jahren der Verletzungspausen ein wichtiger Schritt zurück zu alter Stärke war. „Im Training war ich schon wieder in einer guten Verfassung, ich sehe das Potenzial.“
Bei Hendel überwog die Enttäuschung, weil er die letzten drei Wochen der Vorbereitung nach der Halbmarathon-Bestleistung in Berlin wegen leichter Oberschenkel-Probleme nicht nach Wunsch absolvieren konnte und mit einer Zeit von 2:11:29 Stunden fast eine Minute über seiner Debütleistung von München 2022 blieb. „Auf der ersten Hälfte habe ich mich noch gut gefühlt, ab Kilometer 30 hatte ich leichte Krämpfe“, so der 26-jährige Deutsche. Positiv bewertete er die hervorragende Stimmung und die Erfahrung, in seinem zweiten Marathon ab Kilometer 25 seinen Kampfgeist ins Rennen gelegt zu haben.
Ergebnis Vienna City Marathon 2023 der Männer, Top 10:
1. Samwel Mailu (KEN) 2:05:08 Stunden (neuer Streckenrekord)
2. Bethwell Yegon (KEN) 2:06:57 Stunden
3. Titus Kimutai (KEN) 2:07:46 Stunden
4. Joshua Kogo (KEN) 2:08:39 Stunden
5. Dominic Letting (KEN) 2:09:16 Stunden
6. Joel Melly (KEN) 2:09:57 Stunden
7. Elvis Cheboi (KEN) 2:10:21 Stunden
8. Sondre Nordstad Moen (NOR) 2:10:23 Stunden
9. Sebastian Hendel (GER) 2:11:29 Stunden
10. Felicien Muhitira (RWA) 2:11:32 Stunden
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14. Andreas Vojta (AUT) 2:19:27 Stunden
20. Mahdi Sareban (AUT) 2:29:37 Stunden