Äthiopier triumphieren mit Weltklassezeiten. Peter Herzog gelingt starkes Comeback. Rekordzahl von 54.280 Marathon-Finishern.
Weltrekorde, Zeitgeschichte, Laufhighlight: Der BMW Berlin-Marathon ist jedes Jahr ein herausragendes Ereignis. Ganz besonders gilt das für das 50. Jubiläum, das an diesem Wochenende in der deutschen Hauptstadt gefeiert wurde. Im „MOVE“ am Brandenburger Tor sorgten Lauflegenden und Events schon mehrere Tage davor für Stimmung und zelebrierten die Geschichte des Berlin-Marathons.
Jubiläumsparty mit Rekordbeteiligung
Am Marathontag selbst gaben über 54.280 Läufer*innen ihr Bestes und haben das Marathonziel erreicht. Motivation pur! Diese Finisherzahl macht Berlin zum größten Marathon weltweit. In Paris hatte es heuer mit 54.175 eine etwas kleinere Finisherzahl gegeben. London 2024 mit 53.863 Finishern und New York 2019 mit 53.639 erreichten annähernd dieses Level. In Berlin waren 58.212 Läufer*innen aus 161 Nationen für den Marathon gemeldet. Tags davor gab es die Premiere für einen 5-km-Lauf mit über 9.000 Finishern. Dazu kamen Inline-Skater, Rennrohlstuhl- und Handbikefahrer sowie Kinderläufe. Bewegung in allen Facetten!
Milkesa Mengesha in 2:03:17 Stunden und Tigist Ketema in 2:16:42 feierten einen Doppelsieg für Äthiopien. Mengesha erzielte die drittschnellste Zeit weltweit in diesem Jahr. Hinter dem 24-Jährigen wurde der Kenianer Cybrian Kotut in 2:03:22 Zweiter vor Haymanot Alew (Äthiopien/2:03:31). Tigist Ketema siegte vor ihren Landsfrauen Mestawot Fikir in 2:18:48 und Bosena Mulatie in 2:19:00.
Peter Herzog jubelt nach 2:12:08
Peter Herzog (Union Salzburg) jubelte nach 2:12:08 als bester Österreicher im Ziel. Seit vier Jahren war kein ÖLV-Athlet so schnell gelaufen. Damals hatte er selbst in London den gültigen österreichischen Rekord von 2:10:06 erzielt. Ein großartiges Comeback für den Olympiateilnehmer von Tokio 2021 nach vielen Rückschlägen!
Heuer im Frühjahr hatte er mit 2:15:29 beim Vienna City Marathon schon gezeigt, dass mit ihm wieder zu rechnen ist. Ein sehr guter Trainingssommer brachte ihn zurück auf die Erfolgsspur. Von den sechs besten Leistungen österreichischer Marathonläufer stammen vier von Peter Herzog – eine beeindruckende Konstanz: 2:10:06 in London 2020, 2:10:57 in Berlin 2019, 2:12:16 in Berlin 2022 und nun 2:12:08 erneut in Berlin.
Lisa Reisch (DSG Wien) kam in Berlin als beste Österreicherin ins Ziel. In 2:46:42 (2:45:02 netto) erreichte sie die zweitschnellste Marke einer Österreicherin in diesem Jahr.
Ein Shout-Out für unseren VCM-Kollegen Laurin! Nach einem Wochenende Arbeit auf der Expo hat er erfolgreich seinen ersten Marathon gefinsht.
Das Rennen der Männer
Mit einem sehr schnellen Tempo begannen die Männer das Rennen. Geführt von drei Tempomachern passierten zwölf Läufer die 10-km-Marke nach 28:42 Minuten. Das deutete auf eine Zielzeit im Bereich von Eliud Kipchoges Streckenrekord von 2:01:09 hin. Doch diese Pace erwies sich als überambitioniert. Nach einer Halbmarathon-Durchgangszeit von 60:57 Minuten und dem Ausstieg der Tempomacher bis Kilometer 25 wurde das Tempo deutlich langsamer. Es gab nun mehrere Kilometerabschnitte, die über 3:00 Minuten gelaufen wurden - was für Berliner Verhältnisse ungewöhnlich war.
Acht Läufer waren bei Kilometer 30 nach 1:27:21 Stunden noch in der Spitzengruppe. Gute fünf Kilometer später waren es nur noch vier: Die Kenianer Stephen Kiprop und Cybrian Kotut sowie die Äthiopier Milkesa Mengesha und Haymanot Alew. Während Alew und Kiprop zurückfielen, fiel die Entscheidung erst auf dem letzten Kilometer kurz vor dem Brandenburger Tor. Milkesa Mengesha löste sich von Cybrian Kotut und lief zum größten Sieg seiner Karriere, während der er 2019 immerhin schon Junioren-Weltmeister im Crosslauf war.
„Es war gut, dass ich nicht einer der großen Favoriten war, denn dadurch konnte ich ohne jeglichen Druck laufen. Mit dieser persönlichen Bestzeit habe ich einen großen Sprung gemacht“, sagte Milkesa Mengesha, der vorher einen persönlichen Rekord von 2:05:29 hatte.
Weltklasserennen & Topstimmung
Obwohl in Berlin dieses Mal die ganz großen Rekorde ausblieben, war es ein hervorragendes Rennen. Zählt man die beiden Siegzeiten zusammen, ergibt sich ein Wert von 4:19:59. Damit war die 50. Auflage der zwölftbeste Marathon aller Zeiten und der viertbeste in der Berliner Geschichte. Bei den Männern blieben zudem erstmals bei dem Rennen gleich vier Läufer unter 2:04:00. Die Top-10 kamen mit 2:05-Zeiten ins Ziel, 25 Läufer schafften es unter 2:09 Stunden.
Sebastian Hendel führt starke Deutsche an
Das Rennen um die deutsche Nummer eins in Berlin war spannend und hochklassig. Lange Zeit lief Filimon Abraham (LG Telis Finanz Regensburg) dabei vorneweg. Zeitweise war er derart schnell, dass sogar der deutsche Rekord von Amanal Petros (2:04:58) in Reichweite rückte. Doch Abraham brach ein, während Sebastian Hendel sich das Rennen besser eingeteilt hatte und in der zweiten Hälfte mächtig aufholte. Zunächst passierte er Hendrik Pfeiffer rund zehn Kilometer vor dem Ziel, dann überholte er bei Kilometer 38 auch Filimon Abraham.
„Es war ein tolles Rennen und ich war am Ende selbst etwas überrascht, dass ich noch bester Deutscher wurde. Bei Kilometer 30 kam ich noch einmal richtig gut ins Rennen und bin teilweise Kilometer unter 3:00 Minuten gelaufen“, sagte Sebastian Hendel, der beim VCM 2023 auf den neunten Platz gelaufen war. Erst in Hamburg im April lief er mit 2:08:51 erstmals unter 2:10:00. Nun war er nach sensationellen 2:07:33 im Ziel.
Drei deutsche Läufer unter 2:09
Hendrik Pfeiffer (TK Hannover) zeigte ein weiteres starkes Marathonrennen und erreichte auf Rang 24 mit 2:08:20 die zweitbeste Zeit seiner Karriere. Ebenfalls die zweitbeste Zeit bisher lief Filimon Abraham mit 2:08:52 auf Platz 26. Johannes Motschmann (SCC Berlin/Marathon Team) folgte auf Rang 33 mit 2:12:02 als viertschnellster deutscher Läufer. Tom Gröschel (TC Fiko Rostock/2:12:59/37. Platz) und Erik Hille (TV 1875 Burglengenfeld/2:13:03/38.) liefen noch unter 2:15:00 Stunden. Erst zum zweiten Mal nach dem Berlin-Marathon 2023 blieben in einem Rennen gleich drei deutsche Läufer unter 2:09:00 Stunden.
Das Rennen der Frauen
Im Gegensatz zu den Männern gab es bei den Frauen quasi einen Start-Ziel-Sieg von Tigist Ketema, die mit 2:16:09 Stunden auch die mit Abstand schnellste Läuferin auf der Startliste war. Zeitweilig lief sie ein Tempo, das auf eine Zeit von unter 2:16:00 hinausführte. Ihre Landsfrau Azmera Gebru war die einzige, die sich zutraute, mit der Favoritin mitzulaufen. Doch kurz vor Kilometer 20 fiel sie zurück, während Ketema die Halbmarathon-Marke in 67:53 passierte und dann in Berlin zu einem zweiten großen Marathon-Sieg nach Dubai im Januar lief. „Eigentlich war eine persönliche Bestzeit mein Ziel, aber ich freue mich riesig über den Sieg und auch über die Zeit“, sagte die 26-jährige Tigist Ketema.
Auf den Plätzen zwei und drei verbesserten Mestawot Fikir und Bosena Mulatie mit 2:18:48 beziehungsweise 2:19:00 ihre Bestzeiten gleich um mehrere Minuten und blieben erstmals unter 2:20:00.
Obwohl sie im Vorfeld leichte Knieprobleme hatte, versuchte Melat Kejeta den 16 Jahre alten deutschen Rekord von Irina Mikitenko anzugreifen. 2008 hatte Mikitenko in Berlin mit 2:19:19 gewonnen. Nach 69:43 Minuten hatte Melat Kejeta die Halbmarathon-Marke passiert, doch in der zweiten Hälfte brach sie ein. „Ich habe es versucht, aber es war zu schnell. Meine Beine wurden schwer und das Knie schmerzte“, sagte Melat Kejeta.
Eine deutliche Steigerung gelang Melina Wolf (LG Region Karlsruhe), die erstmals in ihrer Karriere unter 2:30:00 blieb und mit 2:27:34 Platz 18 erreichte.
Ergebnisse
Männer:
1. Milkesa Mengesha ETH 2:03:17
2. Cyprian Kotut KEN 2:03:22
3. Haymanot Alew ETH 2:03:31
4. Stephen Kiprop KEN 2:03:37
5. Hailemariyam Kiros ETH 2:04:35
6. Yohei Ikeda JPN 2:05:12
7. Tadese Takele ETH 2:05:13
8. Oqbe Kibrom Ruesom ERI 2:05:37
9. Onchari Enock KEN 2:05:53
10. Derseh Kindie ETH 2:05:54
17. Sebastian Hendel GER 2:07:33
34. Peter Herzog AUT 2:12:08 (1. M35)
Frauen:
1. Tigist Ketema ETH 2:16:42
2. Mestawot Fikir ETH 2:18:48
3. Bosena Mulatie ETH 2:19:00
4. Aberu Ayana ETH 2:20:20
5. Ai Hosoda JPN 2:20:31
6. Mizuki Matsuda JPN 2:20:42
7. Calli Hauger-Thackery GBR 2:21:24
8. Yebregual Melese ETH 2:21:39
9. Fikrte Wereta ETH 2:23:23
10. Sisay Meserat Gola ETH 2:23:36
11. Melat Kejeta GER 2:23:40
VCM News: Jörg Wenig / Race News Service