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50. Berlin-Marathon mit Weltklassefeld

Sorgen wieder die Frauen für Furore? Über 58.000 Anmeldungen. Peter Herzog und VCM-Sieger Samwel Mailu im Feld.

Mit dem mit Abstand größten Starterfeld seiner Geschichte wird am Sonntag der 50. BMW Berlin-Marathon gestartet. Genau 58.212 Läufer aus 161 Nationen wurden für den spektakulärsten und hochklassigsten deutschen Straßenlauf registriert. Rahmenwettbewerbe hinzugerechnet, werden sogar über 80.000 Athleten dabei sein.

Der Lauf wird am Sonntag, 29. September ab 8:30 Uhr live auf RTL übertragen. Elite-Handbiker starten um 8:50 Uhr, Läufer um 9:15 Uhr in mehreren Wellen.

Mit dabei sind u.a. VCM-Streckenrekordhalter Samwel Mailu und Österreichs Rekordhalter Peter Herzog.

Das Männer-Elitefeld hat einmal mehr eine Weltklasse-Besetzung. Fünf Athleten sind im Starterfeld, die schon unter 2:05:00 gelaufen sind. Der Äthiopier Tadese Takele, der im vergangenen Jahr hier Rang drei in 2:03:24 belegt hat, kommt zurück nach Berlin. Seit dem Rennen im Vorjahr ist er nicht mehr international gestartet. „Ich hatte zwischendurch eine Verletzung, aber jetzt bin ich wieder fit“, sagte der Äthiopier. „Ich habe sehr gut trainieren können und erwarte ein starkes Rennen.“

Halbmarathon-Ass Kandie mit riesigem Potenzial

Die Kenianer Cybrian Kotut (2:04:34) und Kibiwott Kandie (2:04:48) sowie die Äthiopier Hailemaryam Kiros (2:04:41) und Bazezew Asmare (2:04:57) sind die anderen Läufer, die mit Bestzeiten von unter 2:05 ins Rennen gehen. Als frühere Halbmarathon-Weltrekordler hat Kibiwott Kandie enormes Potenzial. Seine Bestzeit über diese Distanz (57:32 Minuten) deutet sogar darauf hin, dass der 28-Jährige einer der schnellsten Marathonläufer aller Zeiten werden kann. Aufgrund eines verspäteten Fluges war der Kenianer nicht bei der Pressekonferenz. „Ich kenne Kibiwott gut, denn er lebt in meiner Gegend. Er hat großes Potenzial und ist noch relativ jung. Berlin ist eine sehr schnelle Strecke. Ich hoffe, er wird gut laufen“, sagte Paul Tergat.

Kann VCM-Sieger Mailu überraschen?

Zwei Läufer, die für eine Überraschung sorgen können sind die Kenianer Samwel Mailu und Stephen Kiprop. Mailu pulverisierte im vergangenen Jahr den Streckenrekord beim Vienna City Marathon mit 2:05:08. Aufgrund einer Verletzung konnte der Halbmarathon-WM-Dritte von 2023 in diesem Frühjahr keinen Marathon laufen. Kiprop gewann in diesem Jahr überlegen den Daegu-Marathon in Süd-Korea mit einer persönlichen Bestzeit von 2:07:04. „Ich hatte über mehrere Jahre hinweg Verletzungsprobleme, aber jetzt bin ich wieder gesund und konnte richtig trainieren“, sagte Stephen Kiprop, der eine Halbmarathon-Bestzeit von 58:42 aufweist.

Peter Herzog will Sommer-Hoch umsetzen

Österreichs Marathon-Rekordhalter Peter Herzog (Union Salzburg) kommt nach einer guten Sommer-Vorbereitung in Berlin an den Start. Zwei Jahre lang hatte er immer wieder mit Verletzungen und Krankheiten zu kämpfen. Im April gelang ihm beim Vienna City Marathon in 2:15:29 Stunden ein ermutigendes Comeback. Aufgrund des Studiums hatte er in der Folge weniger Kapazitäten fürs Training. Mit Semesterende begann es wieder zu laufen. Das Gefühl, seinem Körper etwas abverlangen zu können, ist wieder voll zurückgekehrt. Sieben Wochen in St. Moritz brachten sportlich und stimmungsmäßig ein Hoch. Für Berlin sehen er und sein Trainer Hannes Langer eine Zeit um 2:12 Stunden als Marke für ein erfolgreiches Rennen.

Starke deutsche Besetzung

Hendrik Pfeiffer (TK Hannover) führt eine Gruppe von starken deutschen Läufern an. Er hatte sich im Januar in einem bravourösen Rennen in Houston als Dritter auf 2:07:14 Stunden gesteigert und wurde damit zum viertschnellsten deutschen Marathonläufer aller Zeiten. „Ich bin sehr gut vorbereitet und möchte versuchen, mich auf eine 2:06er-Zeit zu verbessern“, sagte Hendrik Pfeiffer, der mit Filimon Abraham (LG Telis Finanz Regensburg/Bestzeit: 2:08:22), Haftom Welday (TB Hamburg Eilbeck/2:08:24), Sebastian Hendel (LG Braunschweig/2:08:51) und Johannes Motschmann (Marathon Team Berlin/2:10:39) gleich vier starke nationale Konkurrenten hat.

Frauen-Rennen: Tigist Ketema peilt Bestzeit an

Sorgen beim 50. Jubiläum des BMW Berlin-Marathons erneut die Frauen für Furore?

Mit ihrem Sensations-Weltrekord vor einem Jahr, bei dem Tigst Assefa mit 2:11:53 Stunden in völlig neue Dimensionen vordrang, hat die Äthiopierin die Latte in Berlin extrem hoch gelegt. Einen Weltrekord zu erwarten, ist nicht realistisch. Doch eine Frau im Starterfeld könnte für eine absolute Weltklasse-Leistung gut sein: Tigist Ketema ist eine Trainingspartnerin von Tigst Assefa, die bei Olympia im August zur Silbermedaille lief und daher nicht zum dritten Mal in Folge in Berlin gewinnen kann.

Für Tigist Ketema ist sehr viel möglich. Im Januar hatte sie bei ihrem ersten Marathon in Dubai ein sensationelles Rennen gezeigt. Mit 2:16:07 Stunden siegte sie und stellte einen inoffiziellen Debüt-Weltrekord auf. Damit wurde die inzwischen 26-Jährige auf Anhieb zur neuntschnellsten Läuferin aller Zeiten. „Ich habe mich auf eine persönliche Bestzeit vorbereitet und plane die erste Hälfte am Sonntag in ungefähr 68:00 Minuten zu laufen. Ich hoffe, es wird nicht zu kalt, denn ich laufe lieber bei etwas wärmerem Wetter“, sagte Tigist Ketema, die im Marathon immer noch eine Newcomerin ist. „Vor dem Dubai-Marathon hatte ich schon ein bisschen Angst vor der Distanz - aber hinterher habe ich mich gefragt, warum eigentlich“, sagte die frühere Mittelstreckenläuferin, die als Favoritin ins Rennen startet.

Kompaktes Feld mit Chance auf Überraschung

„Tigist wird voraussichtlich ein etwas schnelleres Tempo anlaufen als die anderen. Aber insgesamt ist das Spitzenfeld sehr kompakt und es kann auch eine Überraschung geben“, sagte Race-Direktor Mark Milde, der insgesamt elf Läuferinnen mit persönlichen Bestzeiten von unter 2:22:00 verpflichtete. Das gab es bisher erst einmal in Berlin: 2023. Viel spricht dafür, dass sich am Sonntag die äthiopische Siegesserie fortsetzen wird. Viermal in Folge gewann zuletzt eine Athletin aus dieser Lauf-Nation. Und die schnellsten sechs Läuferinnen auf der Startliste kommen aus Äthiopien.

Ex-Weltrekordlerin Dibaba will im Marathon aufzeigen

Die frühere 1.500-m-Weltrekordlerin Genzebe Dibaba - eine jüngere Schwester der äthiopischen Laufsport-Legende Tirunesh Dibaba - hofft, in Berlin eine schnelle Zeit laufen zu können. Bei ihrem Debüt in Amsterdam erreichte sie 2022 bereits 2:18:05. Doch in der Folge konnte sich Genzebe Dibaba, die 2014 Laureus Welt-Sportlerin des Jahres war, noch nicht weiter steigern. „Ich habe damals im Fernsehen gesehen, wie Haile Gebrselassie in Berlin zweimal Weltrekorde lief. Und seitdem wollte ich immer in Berlin laufen - jetzt ist es soweit“, sagte Genzebe Dibaba. „Für mich wäre es ein Erfolg, wenn ich eine persönliche Bestzeit laufe.“

Deutsche Kejeta nach Olympia-Aus in Berlin

Mit Melat Kejeta (Laufteam Kassel) wird die mit Abstand stärkste deutsche Marathonläuferin der letzten Jahre an den Start gehen. „Ich habe sehr gute Erinnerungen an das Rennen und freue mich, dass ich wieder hier laufen kann“, sagte die 32-Jährige, die 2019 bei ihrem Debüt in Berlin als Sechste mit 2:23:57 Stunden überrascht hatte. Danach belegte sie 2021 bei Olympia in Sapporo (Japan) ebenfalls einen sehr starken sechsten Rang. In Paris musste sie aufgrund von Magenproblemen das Rennen frühzeitig aufgeben. Dafür hat sie nun die Gelegenheit, das Jubiläumsrennen in Berlin zu laufen. „Ich bin nicht in der Form, um den deutschen Rekord anzugreifen (2:19:19 von Irina Mikitenko in Berlin 2008), aber ich hoffe, dass ich eine persönliche Bestzeit erreiche. Ich hatte zuletzt leichte Knieprobleme und muss sehen, wie es am Sonntag läuft“, sagte Melat Kejeta, die sich im Januar in Dubai auf 2:21:47 verbessert hatte.

Berliner Legenden: Naoko Takahashi, Paul Tergat, Irina Mikitenko, Tigst Assefa

Vier Ausnahme-Athleten wurden am Freitag bei der Pressekonferenz vorgestellt, die mit ihren Leistungen die Geschichte des Rennens mit prägten. 2001 sorgte Naoko Takahashi vielleicht für den Höhepunkt schlechthin in der Historie des Rennens: Die Japanerin blieb als erste Läuferin der Sportgeschichte unter 2:20:00 Stunden (2:19:46). „Es hat sich angefühlt als hätte ich etwas unmögliches für die Menschheit erreicht. Dieser Marathon hat mein Leben verändert“, sagte Naoko Takahashi. Auch Paul Tergat durchbrach in Berlin eine Zeit-Barriere: Der Kenianer gewann 2003 in 2:04:55 und blieb als erster unter 2:05:00. „Berlin wird immer als eine große Geschichte meines Lebens in Erinnerung bleiben. Wir haben damals die Latte gesetzt für die nächste Generation von Läufern. Heute versuche ich dem Sport etwas zurückzugeben“, sagte Paul Tergat, der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees in Kenia ist.

Tigst Assefa ist jene Läuferin, die vor einem Jahr in Berlin den Weltrekord mit 2:11:53 in neue Dimensionen trieb. „Ich war damals selbst überrascht über diese Zeit, aber ich hatte entsprechend trainiert. Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr wieder in Berlin starten kann und eine weitere schöne Geschichte schreiben kann“, sagte die Äthiopierin, die bei Olympia in Paris im August die Silbermedaille im Marathon gewann.

Favoriten und persönliche Bestzeiten:

Tadese Takele        ETH    2:03:24
Cybrian Kotut            KEN    2:04:34
Hailemaryam Kiros        ETH    2:04:41
Kibiwott Kandie         KEN    2:04:48
Bazezew Asmare        ETH    2:04:57
Samwel Mailu            KEN    2:05:08
Milkesa Mengesha        ETH    2:05:29
Haymanot Alew        ETH    2:05:30
Philimon Kipchumba        KEN    2:05:35
Josphat Boit             KEN     2:05:42 
Dejene Megersa         ETH     2:05:42
Enock Onchari         KEN     2:05:47 
Oqbe Ruesom         ERI     2:05:51
Justus Kangogo         KEN     2:05:57
Haimro Alame         ISR     2:06:04
Ashenafi Moges         ETH     2:06:12
Asbel Rutto             KEN     2:07:04
Samuel Tsegay         SWE     2:06:53
Yohei Ikeda             JPN     2:06:53
Stephen Kiprop        KEN     2:07:04
Hendrik Pfeiffer         GER    2:07:14
Kento Kikutani            JPN    2:07:26
Melaku Belachew        ETH    2:07:28
Godadaw Belachew         ISR    2:07:45
Yuhei Urano             JPN    2:07:52
Guojian Dong            CHN    2:08:12
Filimon Abraham        GER    2:08:22
Haftom Welday        GER    2:08:24
Sebastian Hendel        GER    2:08:51
Olonbayar Jamsran         MGL    2:08:58
Peter Herzog            AUT     2:10:06
Haftamu Gebresilase        ETH    Debüt


Favoritinnen und persönliche Bestzeiten:
Tigist Ketema            ETH    2:16:07
Genzebe Dibaba        ETH    2:18:05
Yebrugal Melese        ETH    2:19:36
Mestawot Fikir            ETH    2:20:45
Azmera Gebru            ETH    2:20:48
Sisay Gola            ETH    2:20:50
Mizuki Matsuda        JPN    2:20:52
Fikrte Wereta             ETH    2:21:32
Ai Hosoda             JPN     2:21:42
Melat Kejeta            GER    2:21:47
Aberu Ayana             ETH     2:21:54
Calli Hauger-Thackery    GBR    2:22:17
Bekelech Gudeta         ETH     2:22:54
Lisa Weightman         AUS     2:23:15
Betelihem Afenigus         ETH     2:23:20
Veronica Maina         KEN     2:24:46
Bosena Mulatie        ETH    2:26:59
Alisa Vainio            FIN    2:27:26
Sonia Samuels         GBR    2:28:04
Nora Szabo             HUN    2:28:25
Philippa Bowden        USA    2:29:14
Melina Wolf             GER    2:31:08
Thea Heim             GER    2:33:25
Pauline Esikon        KEN    Debut


VCM News. Text: Jörg Wenig / Race News Service