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Olympia-Marathons am Samstag und Sonntag

Tage der Entscheidung, harte Strecke: Kann Eliud Kipchoge noch einmal triumphieren?

An den letzten beiden Olympiatagen – Samstag, 10. und Sonntag, 11. August – finden die Marathonläufe statt. Wie die begeisternden Szenen von den Radrennen gezeigt haben, wird es zum Finale der Spiele eine Mega-Stimmung auf den Straßen und Plätzen von Paris geben. Am Samstag starten die Männer, am Sonntag die Frauen mit Österreichs Rekordhalterin Julia Mayer, jeweils um 8:00 Uhr.

 

 

>> Streckenverlauf & Höhenprofil

Die Strecke hat es in sich: Sportlich, touristisch, historisch.

Der Marathonkurs führt vom Pariser Rathaus nach Westen bis zum Schloss Versailles und endet wieder beim Invalidendom im Herzen der Stadt. Ähnlich wie beim herausfordernden Olympiamarathon von Athen 2004 wird hier nur jemand reüssieren können, der oder die sich spezifisch auf das Streckenprofil vorbereit hat.

Oft wurde geschrieben, dass der Marathon einen Anstieg von 438 Metern bereit halte, was auch stimmt. Diese Zahl bedeutet jedoch die Summe aller Anstiege. Der Höhenunterschied zwischen dem Start und dem höchsten Punkt bei Kilometer 20,3 beträgt 147 Meter. Der Großteil davon wird ab Kilometer 15 zu bewältigen sein. Das ist immer noch sehr beachtlich und wird den Läufer*innen viel abverlangen. Vor Kilometer 29 gibt es einen zweiten, kürzeren Anstieg mit einer maximalen Steigung von 13,5 %, ehe es wieder bergab und dann flacher Richtung Stadtzentrum und Ziel geht. Die richtige Dosierung der Kräfte und die Fähigkeit, möglichst schnell und muskelschonend auch bergab zu laufen und einen ökonomischen Übergang ins Flache zu finden, werden entscheidende Faktoren sein.

Die Witterung dürfte keine sehr große Rolle spielen. Auch wenn für die Nachmittage um 30°C erwartet werden, sollte es jedenfalls beim Start Temperaturen von unter 20°C geben.

“Marsch der Frauen” führt zu Highlights

Fans und Fernsehzuschauer können sich auf einen höchst attraktiven Kurs freuen. Touristische Highlights der Stadt und das Grün der Umgebung wechseln einander ab. Der Marathon führt zu bekannten Sehenswürdigkeiten wie der Opéra Garnier, dem Place Vendôme, dem barocken Garten Jardin des Tuileries, den Pyramiden des Louvre, dem Place de la Concorde, dem Grand Palais, den Jardins du Trocadéro, dem Schloss von Versailles, dem Eiffelturm und vielen anderen.

“Die Strecke wurde durch den "Marsch der Frauen" inspiriert, bei dem am 5. und 6. Oktober 1789 eine Gruppe von Frauen vom Pariser Rathaus nach Versailles marschierte und den König mit Gewalt in die Tuilerien brachte. Dank des Drucks dieser Frauengruppe ratifizierte König Ludwig XVI. nur wenige Monate nach der Französischen Revolution die berühmte Allgemeine Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte”, wie es bei der Vorstellung der Strecke hieß. 

Großartig: Nach den Stars gibt es ein offenes Rennen, bei dem Hobbyläufer*innen genau den selben Kurs laufen können.

>> Hier findest du die Vorschau auf das Frauenrennen.

Vorschau: Das Rennen der Männer
Samstag, 10. August, 8:00 Uhr

Kann Eliud Kipchoge ein weiteres Kapitel olympische Leichtathletik-Geschichte schreiben und für ein Novum sorgen? Keinem Läufer ist es bisher gelungen, dreimal den Olympia-Marathon zu gewinnen. Der Kenianer triumphierte 2016 in Rio und 2021 im japanischen Sapporo souverän. Damit ist er neben Abebe Bikila (Äthiopien/1960 und 1964) und Waldemar Cierpinski, der im Trikot der DDR 1976 und 1980 triumphierte, der einzige Läufer, der das olympische Rennen über die 42,195 km zweimal gewonnen hat.

Kipchoge im Fokus

Doch auf dem Weg zu einem möglichen dritten Olympia-Sieg wirkte der 37-jährige Eliud Kipchoge zuletzt nicht mehr so stark wie noch einige Jahre zuvor. 2019 hatte er in Wien die 2-Stunden-Barriere durchbrochen (1:59:40,2 – kein offizieller Weltrekord). Im vergangenen Jahr verlor Eliud Kipchoge seinen Weltrekord (2:01:09) an seinen Landsmann Kelvin Kiptum, der 2:00:35 Stunden lief. Kelvin Kiptum wäre als Favorit in Paris an den Start gegangen, doch er verstarb bei einem tragischen Autounfall in Kenia im Februar. 

Sisay Lemma sagte ab

Ein weiterer Favorit sagte seinen Start kurzfristig Ende Juli ab: Sisay Lemma aus Äthiopien. Der VCM-Sieger von 2015 hatte beim hügeligen Boston Marathon 2024 gesiegt und war in Valencia 2023 als Gewinner seine Bestzeit von 2:01:48 Stunden gelaufen. Statt ihm wurde Tamirat Tola nachnominiert. Er war Weltmeister in Eugene 2022 und siegte in New York 2023. Es wäre jedoch eine Überraschung, sollte er bei einem so kurzfristigen Olympiaeinsatz eine wirklich starke Leistung bringen können.

Auch ohne Kelvin Kiptum und Sisay Lemma ist Eliud Kipchoge aber nicht mehr in der Position des Topfavoriten. Zwar siegte er beim Berlin Marathon 2023 in 2:02:42, doch in Paris gehört er zu einer größeren Gruppe von Athleten, die auf der schwierigen, hügeligen Strecke um die prestigeträchtige Goldmedaille kämpfen werden.

Weltmeister Kiplangat und Asse aus Kenia

Bei sehr hohen Temperaturen lief Victor Kiplangat vor einem Jahr zum WM-Triumph in Budapest. Der Athlet aus Uganda, der auch schon auf der am Ende stark ansteigenden Strecke des Istanbul-Marathons gewann, wird ebenso zu beachten sein wie Benson Kipruto (Kenia). Kipruto siegte heuer beim Tokio-Marathon in 2:02:16, während Kipchoge nicht über Rang zehn in 2:06:50 hinaus kam. Auch der dritte im Kenia-Team, Alexander Munyao Mutiso, wird zu beachten sein. Er setzte sich heuer beim London Marathon in 2:04:01 durch und hat eine Bestzeit von 2:03:11 aus Valencia 2023.

42-jähriger Bekele mit neuer Stärke

Es wäre eine Sensation, sollte Kenenisa Bekele (Äthiopien) in den Kampf um die Medaillen eingreifen können. Der dreifache Bahn-Langstrecken-Olympiasieger von 2004 und 2008 ist inzwischen 42 Jahre alt. Mit 2:04:19 in Valencia 2023 und 2:04:15 in London 2024 hat er jüngst jedoch unglaubliche Leistungen abgeliefert. - Äthiopiens Läufer zeigten bei den vergangenen Olympiamarathons ein “wechselhaftes” Abschneiden. In Tokio / Sapporo 2021 und in London 2012 hat keiner das Rennen beendet. In Rio 2016 gab es für die große Laufnation immerhin einen zweiten Platz.

Wer ist für eine Überraschung gut?

Überraschungen sind in den olympischen Marathonrennen allerdings keine Seltenheit. In Japan lief vor drei Jahren der Niederländer Abdi Nageeye zur Silber- und der Belgier Bashir Abdi zur Bronzemedaille. Beide sind auch in Paris am Start. Auch Marathon-Europameister haben in der Vergangenheit olympische Medaillen über die klassische Distanz gewonnen. Der Deutsche Richard Ringer wird in Frankreich als kontinentaler Champion starten. Zuletzt zeigte er zwar keine Topform (28. Platz bei der Halbmarathon-EM), doch der Fokus lag eindeutig auf den Olympischen Spielen. Sehr stark einzuschätzen ist Amanal Petros, der zur europäischen Marathon-Spitze gehört und bei der Halbmarathon-EM im Juni als Dritter ein starkes Rennen zeigte. Er kann einer jener Athleten sein, die in Paris für eine Überraschung sorgen.

VCM News / JW, AM / Race News Service